Umgang mit Konsument*innen
Für einen beginnenden Cannabis-Konsum gibt es keine eindeutigen Signale. Insbesondere körperliche Auffälligkeiten wie gerötete Augen, Händezittern oder Schweißausbrüche können viele Ursachen haben und sind isoliert betrachtet wenig aussagekräftig. Sie sollten deshalb nicht überbewertet werden.
Veränderungen im Verhalten wie
- Schulleistungen sinken auf allen Gebieten völlig ab,
- Freundeskreis wird plötzlich aufgegeben oder wechselt häufig,
- Rückzug in die Isolation,
- Interessen werden aufgegeben bis hin zur Teilnahmslosigkeit,
- Schulabbruch und Perspektivlosigkeit
können Hinweise auf eine Lebenskrise und auf eine damit zusammenhängende unzureichende Problemverarbeitung sein. In derartigen belasteten Lebenssituationen kann dann der Gebrauch von Suchtmitteln subjektiv als einziges "Lösungsmittel" erscheinen.
Grundlagen von Interventionen
Ziele und Haltung
Ziel von Interventionen ist die Aufklärung über Wirkungen und Nebenwirkungen von Drogenkonsum, also
- erwünschte und unerwünschte Wirkungen,
- psychische und körperliche Wirkungen,
- soziale und juristische Aspekte.
Dazu gehören Informationen über
- unterschiedliche Substanzen auf dem Markt bzw. in der Drogenszene,
- Wirkung und Wechselwirkung mit anderen psychotropen Substanzen,
- seelische, körperliche, soziale und juristische Risiken in Verbindung mit Drogenkonsum,
- riskante und risikomindernde Formen des Drogenkonsums und
- Verhalten im Notfall.
Einem Drogenkonsum können unterschiedliche Motive zugrunde liegen: Neugier, Sehnsucht nach Entspannung, Ausdruck psychischer Belastungen, möglicherweise auch Störungen.
Psychische Probleme können, müssen aber nicht die Ursache sein!
Zu den Schwerpunkten von Interventionsgesprächen gehören Motive, Erwartungen und auch Ängste gegenüber den möglichen Folgen des Drogenkonsums. Das konkrete Lebensgefühl der konsumierenden Person spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Es greift zu kurz, das Gespräch ausschließlich auf den Gebrauch der Substanz zu begrenzen.
Die Art der Informationen orientiert sich an der Zielgruppe, deren Sprache, Ausdrucksformen und Selbstverständnis.
Die Intervention bei Personen, die z.B. Cannabis abhängig konsumieren, verläuft anders als bei Personen, die gar nicht konsumieren. In beiden Fällen ist es wichtig, statt moralisierender, idealisierender oder auch fürsorglich entmündigender Tendenzen sachlich und kritisch über Beweggründe und Nebenwirkungen, Möglichkeiten und Risiken des Drogenkonsums zu informieren.
Bei bestehender Cannabisabhängigkeit haben sich in Studien Behandlungs- und Interventionsstrategien als erfolgreich erwiesen, die folgende Aspekte umfassen:
- Individuell auf Cannabis-Konsument*innen abgestimmtes Setting inklusive Nachsorge und Selbsthilfegruppe,
- Motivational Interviewing als grundlegende therapeutische Haltung und Interventionsstil,
- kognitiv-verhaltenstherapeutische Elemente wie Copingskills, kognitive Umstrukturierung und Rückfallmanagement sowie
- Diagnostik und Behandlung gleichzeitiger psychiatrischer Erkrankungen (Co-Morbidität) und möglicher Folgestörungen.
Wie Interventionen zum komplexen Thema des Drogenkonsums gelingen, hängt entscheidend auch von der Haltung der Berater*innen ab, beispielsweise ohne
- den Drogenkonsum moralisierend zu beurteilen,
- zu idealisieren oder
- Konsument*innen fürsorglich zu entmündigen (vgl. Kuhlmann 1996).
Psychische Probleme können, müssen aber nicht die Ursache von Cannabis-Konsum sein!
Abgestufte Vorgehensweise
Wenn Sie Suchtprobleme bei einer*einem Jugendlichen befürchten, werden Sie sich zunächst über Ihre Ziele klar. Was wollen und können Sie erreichen? Welche Schwerpunkte möchten Sie setzen? Wie sind Sie persönlich betroffen?
Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Veränderungen, die Sie im Verhalten, in den schulischen Leistungen, den sozialen Beziehungen und auf der körperlichen Ebene beobachten.
Halten Sie etwaige Auffälligkeiten (schriftlich) fest, besprechen Sie sich im Elternhaus mit der Partnerin/dem Partner oder im Schulbereich mit Kolleg*innen, ob ähnliche Beobachtungen vorliegen. Bemühen Sie sich, Tatsachen von Befürchtungen oder Vermutungen zu trennen.
Sprechen Sie mit der*dem Jugendlichen und konfrontieren Sie sie*ihn mit Ihren Beobachtungen.
Erst dann sollten Sie als Eltern entscheiden, ob Sie sich Unterstützung einer Beratungsstelle holen oder als Lehrer*in in der Schule betreffende Schüler*innen allein weiter betreuen, die Eltern mit einbeziehen, die Schulleitung informieren oder eine Beratungsstelle kontaktieren.